Mehr Gesundheit: mehr Kooperation

Auch auf der europäischen Ebene führt die Vielzahl an bekannten engen Verbindungen zwischen Allgemeingesundheit und Zahnbetterkrankungen (Parodontitis) zu mehr Zusammenarbeit der entsprechen Arztgruppen: Der europäische Verband der Hausärzte und derjenige der Parodontologen haben kürzlich die Notwendigkeit der intensiveren Zusammenarbeit in einem Arbeitspapier festgehalten. Ziel ist eine bessere Früherkennung mit verbesserten Chancen für Vorbeugung und Heilung. Insbesondere Patienten mit Risiken für Infektionen der Herzkranzgefäße (koronare Herzerkrankungen), Entzündungen der Blutgefäße und mit Risiken für Schlaganfälle und Durchblutungsstörungen im Gehirn sollen seitens ihres Arztes eine Empfehlung für eine Parodontalbehandlung erhalten – auch dann, wenn bisher keine Blutungen erkennbar und keine Zähne gelockert sind. Auch Patienten mit Diabetes sollten besser über Zusammenhänge mit zahnmedizinischen Erkrankungen aufgeklärt und zu regelmäßiger Mundgesundheitskontrolle motiviert werden. Zwar sei die Studienlage zu kausalen Zusammenhängen von Parodontalkeimen und allgemeingesundheitlichen Entzündungen gut und überzeugend, es fehlten dennoch weitere klare Daten. Dennoch sei das bisher vorhandene Wissen Anlass genug, mehr und intensiver zusammenzuarbeiten, so die beteiligten europäischen zahn/medizinischen Fachgesellschaften.

Kieferchirurgen waren: E-Scooter-Unfälle deutlich gestiegen

Wer mit dem E-Scooter stürzt, hat sehr oft Verletzungen im Gesicht und am Kopf – und Behandlungsbedarf beispielsweise durch Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen (MKG). Deren wissenschaftliche Fachgesellschaft hat kürzlich darauf hingewiesen, dass sich die Anzahl der Unfälle bei E-Scooter-Nutzern mit körperlichen Schäden – laut Statistischem Bundesamt – allein in der Zeit von 2021 bis 2022 verdoppelt hat auf fast 8300 Fälle. Unter diesen wurden rund 1250 schwere Verletzungen festgestellt, häufig auch im Kopf- und Gesichtsbereich. An Universitätsklinken arbeiten die MKG-Chirurgen im Bedarfsfall auch mit 3-D-Druckern zur Wiederherstellung zertrümmerter Knochenbereiche. Wie Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden von der MKG-Fachgesellschaft berichtete, legen die chirurgisch tätigen Kolleginnen und Kollegen heute nicht nur Wert auf die Wiederherstellung der Funktion, sondern auch auf die optische Wirkung des behandelten Bereiches. Klare Empfehlung der Kieferchirurgen: Unbedingt einen Helm tragen – wenn man nicht ganz auf die Nutzung der E-Scooter verzichten will.

E-Zigaretten: Schwermetall-Risiken

Gibt es Risiken durch Schwermetallbelastungen bei Jugendlichen im Wachstumsalter, wenn sie E-Zigaretten nutzen (Vaping)? Das wollte eine Gruppe von Wissenschaftlern einer US-amerikanischen Universität wissen und untersuchte rund 200 Rauchende im Alter zwischen 13 und 17 Jahren. Getestet wurde, ob sich im Urin der Probanden Schwermetalle wie Blei, Uran und Cadmium finden – und falls ja, ob sich beim Vaping diese Schadstoffe erhöhen. Diese Stoffe gelten als besonders riskant beispielsweise für Entwicklungsstörungen im Gehirn der jungen Menschen (kognitive Beeinträchtigungen), für Komplikationen in den Atemwegen und im Herz-Kreislaufsystem. Im Ergebnis zeigte die Studie, dass intensives Dampfen zu deutlich mehr Schwermetall-Belastungen führt als eher seltene Nutzung: Der Uran-Gehalt erwies sich bei den Vielnutzern als doppelt so hoch wie bei der Vergleichsgruppe. Interessant war zudem, dass auch die Auswahl der Vaping-Aromen offenbar eine große Rolle spielt: Wer sich für süße Aromen entschieden hatte, wies eine um 90 % erhöhte Uran-Belastung auf gegenüber denjenigen, die Kräuter wie Minze bevorzugten. Die Studie dient nun als Grundlage für weitere und differenzierende Untersuchungen, um die ersten Entdeckungen zu bestätigen oder zu verwerfen – was aber als Erkenntnis gesichert ist, ist die erhöhte Schwermetallbelastungen der jugendlichen E-Zigaretten-Nutzer bei bekanntem Risiko von Entwicklungsstörungen im Bereich der Organe und des Gehirns.

Mundspülung: deutliches Diagnose-Potential

Eigentlich klingt es wie ein Traum: einfach den Mund spülen und die Lösung dann im Labor untersuchen, und schon kann man erkennen, ob sich ein Magenkrebs entwickelt oder bereits vorhanden ist. Ohne weitere aufwändige Maßnahmen. In der Tat deutet sich an, dass dies ein brauchbarer Weg für die Zukunft ist. US-Forscher haben in der Analyse genutzter Mundspüllösungen verschiedene Keime identifiziert, darunter solche, die mit Magenkrebs in Verbindung stehen. Diese Krebsart ist besonders gefährlich, da sie schwer zu heilen ist; Magenkrebs hält weltweit den vierten Platz in der Liste der Krebs-Todesursachen. Zudem sprechen die Studienergebnisse dafür, dass die Diagnose über die Mundspüllösung bereits Vorstadien von Magenkrebs erkennen lässt. So ließen sich, erwarten die Wissenschaftler, schon sehr früh Erkenntnisse sammeln, die vor Ausbruch des Magenkrebses bereits Ansätze zur Behandlung bieten und damit das Heilungsgeschehen optimieren könnten. Aufgrund der motivierenden Datenlage sind nun weitere und größer angelegte Studien an mehreren Orten geplant, um zu überprüfen, ob sich das Diagnostik-Potential von Mundspüllösungen für den Einsatz in der Praxis eignet.

Endoprothesen: antibiotischer Schutz sinnvoll

Die Anzahl der Patienten mit künstlichen Gelenken (Endoprothesen) in Zahnarztpraxen nimmt immer mehr zu. Das ist insofern herausfordernd, weil solche Patienten ein höheres Risiko haben, aufgrund einer bakteriellen Infektion über den Mund – beispielsweise bei Blutungen im Rahmen der Zahnbehandlung – eine Entzündung rund um das neue Gelenk zu erleiden. Während es bereits für Patienten mit Herzerkrankungen Richtlinien zur antientzündlichen Abschirmung gibt, liegen solche Empfehlungen für Endoprothesen-Patienten noch nicht als Leitlinie vor. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft für Endoprothetik rät lediglich dann zu einer Antibiotikum-Vorsorge, wenn mit blutenden Eingriffen zu rechnen ist. Dabei wird außer acht gelassen, dass schon eine Zahnsteinentfernung, zumal bei entzündetem Zahnfleisch, zu Blutungen führen kann. Aktuell gibt es eine Vielzahl von halbwegs auf die Thematik eingehenden Studien, die aber alle nicht vergleichbar angelegt sind und deren Ergebnisse daher nicht zu einem übereinstimmenden Ergebnis führen. Am besten sei es, schon vor einem geplanten Einsatz von Ersatz-Gelenken die Mundgesundheit sanieren zu lassen und dann gesund zu erhalten, um Infektionsrisiken zu senken. Letztlich – so eine Fachveröffentlichung – müssen derzeit Zahnarzt und Patient in jedem Einzelfall entscheiden, ob sie einen antibiotischen Schirm aufspannen möchten: Ausschlaggebend ist der allgemeingesundheitliche Zustand des Patienten und die erwartbare Belastung durch den bevorstehenden zahnärztlichen Eingriff.

Würgereiz: Ablenkung hilft

Genaugenommen ist der Würgereiz etwas sehr Sinnvolles und Gutes: Er gehört zu den Reflexen, die man kaum steuern kann, und er schützt die Atemwege und die Verdauungsbereiche des Körpers vor unerwünschter Zufuhr von Sachen oder Lebensmitteln, die uns schaden könnten. Leider behindert der Würgereiz auch etwas, was uns nutzt: die Behandlung beim Zahnarzt. Auslöser in der Zahnarztpraxis können Berührungen an empfindlichen Mundregionen sein, rotierende Instrumente können ebenso zu Irritationen führen wie Geruch und Geschmack von Materialien – und er kann sogar auch dann auftreten, wenn Patienten an eine Mundbehandlung nur denken. Das wiederum könnte sich aber auch als Lösung erweisen: Iranische Forscher haben viele Studien rund um den Würgereiz bei zahnärztlicher Behandlung ausgewertet und festgestellt, dass Ablenkung in der Tat ein guter Weg sein kann, das Würgen und Erbrechen zu vermeiden. Besonders dann, wenn anspruchsvolle Denkspiele gemacht werden, überdeckt dies die Würgereiz-Mechanismen. Auch Lower-Level-Laser-Verfahren an Akupunkturpunkten können den Würgereiz managen. Empfohlen werden kann, aus dem Erfahrungsschatz in den Zahnarztpraxen, Würgereiz-Selbst-Management: Ein hilfreicher Punkt für eine Finger-Druck-Massage ist beispielsweise die Kinn-Mitte. Es gibt auch andere Bereiche, die für Ablenkung durch Druck auf einen Akupunkturpunkt helfen – hier hat möglicherweise das Behandlungsteam in der Hauszahnarzt-Praxis einige gute Tipps.

Häusliche Gewalt: Manchmal auch der Mund betroffen

Häusliche Gewalt kann „in den besten Familien“ auftreten, in besser gestellten Kreisen ebenso wie in armen Gruppen, sie ist unabhängig von Herkunft und auch von Beruf der Beteiligten und auch von Alter und Geschlecht. Auch Vernachlässigung gehört zu ihren Facetten. Besonders von häuslicher Gewalt betroffen sind Frauen, ihr Anteil beträgt laut WHO-Daten rund 70 %. Für die Zahnarztpraxen bedeuten die hohen Fallzahlen, dass sie vermutlich auch in ihrer Patientengruppe Menschen mit Gewalterfahrung (körperlich, seelisch, sexuell etc.) sehen werden, wenn sie darauf achten. Während die Zähne selbst eher seltener Schäden aufweisen, ist insbesondere das Mittelgesicht ein Signalgeber. Knochenbrüche oder Gewebeschäden könnten nicht nur ein Anlass sein, die betreffenden Patienten anzusprechen – Studien zufolge würden es diese Patienten sogar begrüßen, dass sie einen Anlass geboten bekommen, darüber zu sprechen, wenn die Täter-Person nicht dabei ist. Es kann wichtig sein, den Befund zu dokumentieren, wofür es spezifische Erfassungsbögen gibt. Wie ein zahnärztliches Journal berichtet, wird den Praxisteams entsprechende Fortbildung empfohlen, um einerseits den richtigen Umgang mit den Gewalt-Opfern zu lernen und andererseits auch den Umgang mit möglicherweise begleitenden Tätern, zudem sollten die Praxen über rechtliche Chancen und Risiken informiert sein. Wichtig ist die Erfassung der Gewaltsignale auch hinsichtlich der sich zeigenden erwartbaren weiteren Entwicklung, beispielsweise, wenn Gefahr für Leib und Leben droht.

Jetzt neu: Fluoridlack als Kassenleistung

Für Milchzahnkinder und Kinder im frühen Zahnwechsel – bis zu ihrem 6. Geburtstag – zahlen seit dem 24. April 2024 die gesetzlichen Krankenkassen eine Fluorid-Lack-Behandlung. Und das unabhängig davon, wie hoch das Kariesrisiko beim jeweiligen Kind ist. Karies sei bei Milchzähnen noch immer ein großes Problem, sagt die Bundeszahnärztekammer in einem Beitrag des Mundgesundheits-Informationsdienstes proDente, Eltern sollten dieses neue Angebot, zusammen mit den Vorsorge-Untersuchungen, in Anspruch nehmen. Fluoridlack sorgt für das Einbauen von Speichel-Mineralien in den Zahnschmelz und macht ihn widerstandsfähiger gegen Säure-Schäden und damit das Entstehen von Karies. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) begrüßt die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, Fluoridlack zu einer Kassenleistung zu machen. Damit fallen auch unterschiedliche Regelungen weg, wann Fluoridlack bezahlt wird und in welchem Alter und bei welchen gesundheitlichen Voraussetzungen. Der Gemeinsame Bundesausschuss, der über die Aufnahme von Behandlungsverfahren in die gesetzlichen Krankenkassen-Leistungen entscheidet, sah die Ausweitung des Einsatzes von Fluoridlack aufgrund seiner effektiven, sicheren und anwendungs-freundlichen Nutzung zur Vermeidung frühkindlicher Karies als sinnvoll an. Damit müssen die Zahnarztpraxen nicht auf erste Kariesschäden warten, um mit Fluoridlack ein Voranschreiten zu stoppen, sondern sie können schon die Entstehung erster Schmelzschäden verhindern helfen. Ein Gewinn ist das insbesondere für Kinder in solchen Familien, in denen regelmäßige Zahn- und Mundpflege nicht in der empfohlenen Intensität und Regelmäßigkeit erfolgt. Der Lack wird gezielt auf die Stellen mit dem höchsten Kariesrisiko aufgetragen.

Mundgeruch: Wo kommt er her?

Mundgeruch heißt so, weil der Geruch aus dem Mund kommt – und in der Regel hat er auch hier seinen Ausgangspunkt: Bestimmte Bakterien produzieren ihn bei ihren Stoffwechselvorgängen. Mundgeruch („Halitosis“) kann zwar auch aus dem Verdauungstrakt kommen oder schlichtweg mit geruchs-starken Lebensmitteln zusammenhängen, die ihre intensiven Aromen im Mund- und Rachenraum hinterlassen haben: Letztlich ist der Anteil dieser Quellen für den Mundgeruch aber vergleichsweise eher selten. Bleiben wir also im Mund und schauen, was hier passiert. Das haben sehr intensiv auch gerade japanische Zahnmedizin-Wissenschaftler gemacht. Dabei haben sie die unterschiedlichen Bakterienfamilien, die bei guter Mundhygiene im Mund in Frieden miteinander leben, in den Blick genommen – und herausgefunden, dass bei einer ungünstigen Zusammensetzung der Bakterien-Gruppe der Stoffwechsel der Keime zu unangenehmem Geruch führt. Insbesondere Keime, die in Zahnfleischtaschen leben und auf der Zungenoberfläche, sind für Halitosis verantwortlich. Was die Wissenschaftler entdeckten, könnte dabei helfen, Mundgeruch zu bekämpfen oder ihn zu vermeiden: Die Stoffwechsel-Ausscheidungen einer bestimmten Bakteriengruppe (Streptococcus gordonii) aktivierte ein anderes Bakterium (Fusobacterium nucleatum), und das wieder produzierte dadurch große Mengen an „Geruch“. Bisher gibt es noch kein Wässerchen, das den Mundgeruch nachhaltig beseitigt, insofern sind nach wie vor eine (bei Mundgeruch besonders sorgfältige) Zahn- und Zahnzwischenraumpflege sinnvoll und ein Check in der Zahnarztpraxis, ob sich vielleicht unter einer gelockerten Zahnfüllung etwas tut, was zu Mundgeruch führen könnte.

Brennender Mund: neuer Behandlungsansatz

Zu den unangenehmen bis stark belastenden Mundgesundheitsstörungen gehört der „brennende Mund“ (BMS / Brennendes Mund-Syndrom). Während man bei der Suche nach den Ursachen bisher zu der Einschätzung kam, dass ziemlich viele Faktoren zusammenkommen müssen oder können, um zu dieser sehr schmerzhaften Störung zu führen – daher die Bezeichnung „Syndrom“ – ist man bei der Suche nach einer spürbaren Linderung der Beschwerden durch Behandlung nun etwas weiter. Eine zahnmedizinische Forschergruppe der Hadassah-Universität in Jerusalem hat kürzlich vielversprechende Ergebnisse mit einem Photobiomodulations-Verfahren erzielen können. Dabei handelt es sich letztlich um eine Art niedrig-dosierte Laserbehandlung: Licht wirkt auf die Zellen und verändert diese. Festgestellt haben die Wissenschaftler, dass sie nach jeder Behandlung ein deutliches Nachlassen der Schmerzen verbuchen konnten, auf der Schmerz-Skala von zuvor durchschnittlich 7,80 auf dann 2.07. Auch wenn die Schmerzempfindung nach der Behandlungsphase minimal wieder angestiegen war, blieb das Schmerzempfinden auf erheblich niedrigerem Niveau als vor der Behandlung. Besonders intensiv wirkte das Verfahren bei betroffenen Männern und wenn der brennende Mund eher einseitig war. Weitere Forschung ist notwendig, um diese Erkenntnisse zu untermauern und praxis-gängige Verfahren zu entwickeln, aber es gibt Hoffnung, dass sich für die schmerzgeplagten BMS-Patienten etwas in eine hilfreiche Richtung bewegt.