In der Zahnmedizin spielt der Wirkstoff Chlorhexidin eine fest etablierte Rolle: Er kann wirkungsvoll Mundinfektionen bekämpfen. Viele Patienten empfinden es allerdings als nachteilig, dass sich in der Anwendungszeit ihre Zähne mehr oder weniger leicht verfärben. Warum das so ist – und was man entsprechend dagegen tun kann – hat nun eine Forschergruppe aufgeklärt. Demnach ist es nicht das Produkt selbst, das die Zähne verfärbt, sondern der Umstand, dass Farbpigmente aus Ernährung und Getränken am Chlorhexidin leichter „kleben“ bleiben. Je stärker die Einwirkung ist und je länger die Farbpigmente am Wirkstoff festbinden, desto intensiver verfärbt wirkt der Zahn. Wie stark Farbpigmente beispielsweise aus Getränken am Chlorhexidin haften, hänge – so die Studie – vor allem mit dem pH-Wert, dem Säuregehalt des Getränkes bzw. seiner Farbpigmente zusammen. Getestet wurden insofern elf Getränke, Ergebnis: Schwarzer Tee und Rotwein führten die Farbintensitäts-Liste an, Kaffee und Bier hatten ihren Platz im Mittelfeld. Interessant war, dass Milch im Getränk die Verfärbungen weniger nachhaltig machte. Während einer Chlorhexidin-Behandlung sei es daher ratsam, Kaffee und Tee nur mit Milch zu trinken. Beim Zähneputzen habe sich gezeigt, dass Zahnpasta mehr bewirkt als wenn nur mit Wasser geputzt wird. Hilfreich sei es auch, einen möglichst großen Abstand zwischen Essen und Trinken und der Nutzung der Mundspüllösung einzuhalten.
Rauchen: Implantat-Verlust droht
Wer nicht riskieren will, sein frisch gesetztes Zahn-Implantat schon bald wieder zu verlieren, sollte bereits einige Zeit vor dem Implantations-Termin mit dem Rauchen aufgehört haben: Das ist die klare Empfehlung von Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer und Vorstandsvorsitzende des Mundgesundheits-Informationsdienstes proDente. Das beim Rauchen freigesetzte Nikotin, ein Nervengift, verenge die feinen Blutgefäße, was zu einer Minder-Durchblutung im Kiefergewebe führe und den gesunden Einheilprozeß rund um das eingesetzte Zahn-Implantat erschwere. Die reduzierte Durchblutung führe zu einer Unterversorgung des Operationsgebietes mit Abwehr-Zellen, so dass sich krankmachende Bakterien ungestörter ansiedeln und vermehren könnten. Dadurch steigt das Infektionsrisiko rund um das Implantat – und das Risiko, dass es nicht einheilt, sondern wieder herausfällt. Die natürliche Wundheilung ist gestört. Nicht zuletzt sorgen die beim Rauchen aufgenommenen Stoffe dafür, dass Kieferknochen und Kiefergewebe leichter zu Entzündungen und Substanz-Zerstörung neigen – auch dies erschwert ein gesundes Einwachsen der künstlichen Zahnwurzel in den Kiefer. Laut proDente haben Menschen, die rauchen, ein doppelt so hohes Risiko, ein Zahnimplantat wieder zu verlieren wie Nichtraucher.
Zahnunfälle: Nachmittags hohes Risiko
Wissenschaftler am Regensburger Zentrum für Zahn-Traumata (Zahn-Verletzungen) haben kürzlich über 2000 Daten ihrer Patienten ausgewertet auch hinsichtlich des Zeitpunktes im Tagesverlauf, an dem die Zahnunfälle entstanden. Dabei zeigte sich: Am späten Nachmittag und am frühen Abend war das Risiko, eine unfallbedingte Zahnverletzung zu erleiden, am höchsten. Zudem gab es weitere Auffälligkeiten über den Zeitpunkt des Unfallgeschehens hinaus: Demnach gehören Spiele und Radfahren, zuhause und in der Freizeit, zu den häufigsten Unfall-Ursachen – und entsprechend die Altersgruppe der Zwei- bis Vierjährigen, der Kinder im Alter zwischen acht und zehn Jahren und in der Altersgruppe 20 bis 22 Jahre. Die Forschergruppe der Regensburger Universitätsklinik betonte erneut die Wichtigkeit der raschen Verfügbarkeit von Zahnrettungsboxen. Nicht zuletzt Eltern, aber auch Jugendliche und junge Erwachsene sollten sich mit der Website „Rette-Deinen-Zahn.de“ befassen und die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen kennenlernen. In nicht wenigen Fällen kann der verletzte Zahn repariert oder – bei richtiger Lagerung – wieder implantiert werden, sodass keine Zahnersatzversorgung notwendig wird.
Parodontitis in jüngeren Jahren: Schlaganfallrisiko
Schlaganfall gilt unter Laien als ein vor allem Ältere treffendes Ereignis. Das trifft allerdings nicht die Realität, stellte eine finnische Wissenschaftlergruppe fest: In der Universitätsklinik in Helsinki nahm die Anzahl vergleichsweise junger Schlaganfallpatienten im Alter zwischen 18 und 49 Jahren sogar deutlich zu. Was ihnen im Vergleich zu älteren Schlaganfall-Patienten in der Regel aber fehlte: das Vorliegen der klassischen bekannten Risiken wie erhöhte Blutfettwerte, Diabetes oder Bluthochdruck. Daher hat sich die finnische Wissenschaftlergruppe aus dem Bereich Mund-, Kiefer- und Gesichtserkrankungen die Frage gestellt, ob es möglicherweise andere gemeinsame Ursachen für diese Schlaganfälle im jüngeren Lebensalter geben könnte. In der Tat wird schon länger in der Wissenschaft diskutiert, dass Parodontitis, die entzündliche Zahnbettinfektion, mit Schlaganfällen in Verbindung steht. Das bestätigten die aktuellen Studien der finnischen Forschergruppe zur jungen Probandengruppe, es gab sogar einen Zusammenhang zwischen der Intensität der Parodontitis und derjenigen des erlittenen Schlaganfalls. Grund für die Verbindung könnte eine Arterienverengung sein, die durch Blutgerinnsel hervorgerufen wird, die wiederum aufgrund der Belastung insbesondere durch den Stoffwechsel der Mund-Bakterien entstehen könnten. Daraus ergibt sich eine klare Schlussfolgerung für Zahnarztpraxen und Patienten: Einerseits muss der Vorbeugung und der Behandlung von Parodontitis auch schon in jungen Jahren noch mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden – und zum anderen gilt erhöhte Vorsicht bei invasiven Mundbehandlungen, um durch die entstehenden Wunden das Risiko der Verbreitung der Parodontitis-Keime in die Blutbahn zu verhindern oder zu minimieren.
Fußballspieler: Mundgesundheitscheck verordnet
Für einige Überraschung sorgte kürzlich der neue Trainer des Fußballteams des FC Barcelona beim Start seiner Tätigkeit als Mannschafts-Coach: Hansi Flick verordnete dem gesamten Team einen Mundgesundheitscheck. Was hierzulande niemanden irritieren würde, führte bei der spanischen Sportpresse zu gewisser Aufregung: Das habe es ja noch nie gegeben! Nicht nur deutsche Zahnärzte können sich über diese Irritation nur wundern: Mit der wachsenden Verbreitung der Erkenntnisse rund um Sport und Mundgesundheit, nicht zuletzt durch das Gebiet der Sport-Zahnmedizin, ist längt deutlich belegt, dass eine gestörte Mundgesundheit zu einer reduzierten Leistungsfähigkeit des Sportlers führt. Beispielsweise kann eine Fehlstellung der Kiefer die Körper-Statik beeinflussen und muskuläre Verspannungen nach sich ziehen. Eine Entzündung des Zahnbettes (Parodontitis) führt zu einer deutlichen Erhöhung von Entzündungszellen (regulatorische T-Zellen) im Blut und schwächt die Fähigkeit des Körpers zur Leistungssteigerung. Gesunde oder kranke Zähne wiederum, darauf verweist unter anderem der Zahnmediziner Prof. Dr. Stefan Fickl, können letztlich sogar über Sieg oder Niederlage einer Mannschaft entscheiden: Wird die Situation im Mund akut, weil sie nicht rechtzeitig behandelt wurde, kann dies zu einem Spieler-Komplettausfall führen, da mit einer offenen Karies oder einer Wurzelentzündung an Sport nicht mehr zu denken ist. Ein gesunder Mund und regelmäßige sorgfältige Mundhygiene sind also „Mitspieler“, wenn es um Sport und Leistung geht.
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Parodontitis: Matcha im Test
Bei der Behandlung einer Parodontitis, einer entzündlichen Zahnbetterkrankungen mit erheblichen Risiken nicht nur für Zahnverlust, sondern auch schwerwiegende Allgemeinerkrankungen, steht die Beseitigung oder zumindest erhebliche Reduzierung krankmachender Keime im Vordergrund. Dabei wird die bakterielle Belastung auf verschiedene Art bekämpft, beispielsweise mit Entfernung von Plaque durch lokale Beseitigung, durch antibakterielle Bestrahlung, entsprechende Medikamente und sehr engmaschige Betreuung. Immer wieder kommen auch Naturheilmittel in den Fokus der Wissenschaft, die bei Pflanzen insbesondere nach antibakterieller Wirkung sucht, da nicht wenige Menschen auf die klassischen Antibiotika nicht mehr ausreichend ansprechen. Aktuell hat sich eine Forschergruppe mit den Chancen von Matcha befasst, ein Grünteepulver, das in der Tat seine antimikrobiellen Fähigkeiten beweisen konnte. Im Labortest konnte Matcha das Wachstum des riskanten Bakteriums Porphyromonas gingivalis hemmen und die Bakterienkultur vernichten: Dieser Keim ist für besonders schwere Parodontitis-Verläufe verantwortlich. Die Studienergebnisse an über 40 Probanden seien motivierend für weitere Forschung, sagten die Wissenschaftler, nach erfolgreicher Weiterentwicklung könne es möglicherweise eine Matcha-Mundspülung geben, die bei der Parodontitis-Behandlung unterstützend helfen kann.
Zahnverletzungen bei Unfall: oft reparabel
Die wissenschaftliche Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) hat im Vorfeld ihres diesjährigen Kongresses das Thema Zahnschäden durch Unfälle in den Fokus gestellt und im Rahmen einer Pressekonferenz über eine Vielzahl von Aspekten berichtet. Dazu gehört, dass Zahnverletzungen beispielsweise durch Sturz die weltweit fünfthäufigste Erkrankung sind. Genauer: Über 25 % der Menschheit hat oder hatte einen verletzten Zahn aufgrund eines Unfalls, man geht von einer Milliarde Betroffener aus. Der Fachgesellschaft ging es erstens darum, wie durch geeignete Maßnahmen solchen Zahnverletzungen vorgebeugt werden kann, bei Sport zum Beispiel durch einen speziellen Sportmundschutz. Zweitens und in diesem Fall Schwerpunkt in diesem Themenfeld: Erhalt der verletzten natürlichen Zähne durch Nutzung einer Zahnrettungsbox. Drittens: Welche auch interdisziplinären Maßnahmen zur Behandlung der entstandenen Zahn- und Mundsituation führen wieder zu einem Gebiss, das in Funktion und Ästhetik den Alltag meistert? Hier ist oft auch eine kieferorthopädische Behandlung hilfreich. Aufgrund der vielfältigen Belastungen eines durch Unfall
verletzten Zahnes für die Betroffenen, aber auch das Gesundheitssystem empfahl die DGMKG dringend Schulen und Sportvereinen, aber auch den Teams in Rettungswagen, die längst etablierten Zahnrettungsboxen auch wirklich flächendeckend bereit zu halten. Die Sofortversorgung am Unfallort sei entscheidend für den weiteren Verlauf: Werde das abgebrochene Zahnstück möglichst sofort in die Transportlösung in der Zahnrettungsbox gegeben, kann aufgrund der aktiv gehaltenen Biologie des Zahngewebes oft ein Wiedereinsetzen mit nachhaltigem Erfolg erreicht werden: Der ausgeschlagene Zahn bzw. die Zahnteile werden sorgsam gereinigt und replantiert, Teilstücke wieder an den bestehenden Zahn angesetzt. Aufgrund der sehr hohen Fallzahl sei es notwendig, solche Unfall-Soforthilfen verfügbar und schnell greifbar zu haben.
Ess-Störungen: zahnmedizinische Sprechstunde
Wenn eine Universitätsklinik eine interdisziplinäre Sprechstunde zur zahnmedizinischen Therapie bei Ess-Störungen anbietet, untermauert dies die Bedeutung, die solche Störungen auch auf die Mundgesundheit haben. Beispielsweise wird der Zahnschmelz durch die starke Säure von Erbrochenem massiv geschädigt und zerstört. Das Sprechstunden-Angebot gibt es seit Jahresbeginn am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Frankfurt, wie eine große zahnärztliche Fachzeitschrift berichtete. Insbesondere geht es bei diesem interdisziplinären Ansatz um den Erhalt der Zahn- und Mundgesundheit: Ist die Phase der Ernährungsstörung vorbei, sind häufig Zähne und Mundgewebe nachhaltig zerstört und bedürfen aufwändiger Behandlung. Ziel ist insofern, den Schäden vorzubeugen und erste Erosionen (Auswaschungen von Zahnschmelz) zu behandeln. Unabhängig davon, dass Menschen mit Ess-Störungen auch medizinische und meist auch psychotherapeutische Begleitung benötigen, waren die mundgesundheitlichen Aspekte bislang eher ein Randthema in der Medizin. Die interdisziplinäre Sprechstunde führt die Fachgebiete zusammen und gibt den betroffenen Patientinnen und Patienten individuelle Anleitungen, auf ihre Zähne und den Mundraum zu achten. Unterstützen kann auch eine durchsichtige Schiene, die – mit Fluoridgel gefüllt – den Zahnschmelz widerstandsfähiger halten. Je nach Entwicklung von Ess-Störung und Mundgesundheits-Folgen können weiterführende zahnärztliche Behandlungen erfolgen. Damit geben die Wissenschaftler an den Kliniken zudem Empfehlungen an die Praxen, aber auch an betroffene Patienten, die Konsequenzen zu beachten und bei der Vorbeugung von Zahnschäden aktiv zu werden.
Gut fürs Zahnbett: Zahnseide und Interdentalbürsten
Die Frage, welche messbaren Effekte Mundhygiene-Hilfsmittel aller Art auf die Förderung und Erhaltung der Mundgesundheit haben, ist ein Dauerthema in der zahnmedizinischen Forschung – auch, weil es immer wieder Weiter- oder Neuentwicklungen von Zahnreinigungsprodukten gibt. Nicht alle Studien können dabei auf eine große Teilnehmergruppe bauen: Das wiederum gelang den Wissenschaftlern an der Universität Greifswald, die mit der sogenannten SHIP-Studie auf die Daten einer der größten bevölkerungsbezogenen Studien in Deutschland, erhoben im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, zurückgreifen konnten. Über 4200 Patienten wurden über einen Zeitraum von 7 Jahren begleitet, rund 2200 von ihnen standen für die Abschlussauswertung zur Verfügung – was eine solide Datenbasis für ein Ergebnisbild darstellt. Untersucht wurden die Effekte von Interdentalhygiene, durchgeführt mit „Zahnstochern“, Zahnseide und Interdentalbürstchen, und üblichem Zähneputzen in den empfohlenen täglichen Intervallen. Es zeigte sich klar, dass „Zahnstocher“ eher zu negativen Effekten führten, dass Zahnseide eine gute Verbesserung der Hygiene-Situation führten und am besten Interdentalraumbürsten abschnitten. Das Risiko von bakteriellen Zahnbelägen zwischen den Zähnen sank bei Nutzern von Zahnseide um über 30 % im Vergleich zu Nicht-Nutzern, die nur „Zähneputzen“ leistete. Insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis zeigten sich die Vorteile einer sorgsamen Zahnzwischenraumpflege. Als einfache Botschaft formulierten die Wissenschaftler: Interdentalraumbürsten und Zahnseide sind eine sinnvolle Unterstützung zur Vorbeugung von Zahnfleisch- und Zahnbetterkrankungen. Wie man mit diesen Hilfsmitteln umgeht und welche individuell am besten sind, dazu beraten die zahnärztlichen Experten in den Praxen.
Studie: Bauchspeicheldrüsenkrebs und Mundgesundheit
Inzwischen haben sehr viele Studien belegen können, dass Bakterien aus der Mundhöhle auf dem Weg über die Blutgefäße in viele andere Regionen des Körpers gelangen und dort zu Entzündungen führen können. Eine Wissenschaftler-Gruppe an einer hebräischen Universität hat kürzlich geprüft, ob es möglicherweise auch eine Verbindung von Mundbakterien und Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreas-Karzinom) geben könnte. Die Bauchspeicheldrüse gehört zu den größten Drüsen des Körpers, wird bis zu 20 cm groß und wiegt rund 70 Gramm. Drüsen sind Organe, die Substanzen produzieren, beispielsweise in diesem Fall Verdauungssäfte und Hormone für die Blutzucker-Regulierung. Im Rahmen ihrer Studie stellten die Forscher fest, dass eine langfristige Belastung des Mundes mit speziellen Keimen in Verbindung stand mit Veränderungen im Bereich der Drüse, und dass nach Mutation die Mundkeime das Wachstum von Krebszellen in diesem Organ unterstützten. Die Ergebnisse dienen derzeit vor allem der Vertiefung des Verständnisses für Entstehung und Verlauf von Bauchspeicheldrüsenkrebs und sind nur ein Ausschnitt aus dem entsprechenden Studien-Projekt – zeigten aber, dass seitens der Zahnärzteschaft im gegebenen Fall Patienten-Aufklärung sinnvoll sein könne: Gute Mundhygiene erweise sich auch als vorbeugende Maßnahme im Zusammenhang mit Auftreten und Fortschreiten eines Pankreas-Karzinoms.