Diastema: schön oder Baufehler der Natur?

Wie bei manchen anderen körperlichen Merkmalen auch, entscheiden Kultur und Schönheitsempfinden darüber, ob man eine Abweichung von der natürlichen Norm als ästhetisch oder als ungesund einschätzt. Eine entsprechend angelegte Studie britischer Forscher, über die eine große Zahnarzt-Zeitschrift berichtete, machte dies an der ästhetischen Bewertung einer Zahnlücke zwischen den oberen Frontzähnen (Diastema) fest. Während hierzulande eine solche Zahnlücke meist als Zahnfehlstellung angesehen und entsprechend oft ausgleichend kieferorthopädisch behandelt wird, sehen dies Westafrikaner anders. Ein Diastema gilt dort sogar als natürliches Schönheitsideal, und auch in Europa beispielsweise zeigen sich inzwischen immer mehr Models mit Zahnlücke und machen dies sogar zu ihrem Markenzeichen. Die britische Studie lieferte fachliche Hintergründe zum Auftreten eines Diastemas, das auf entwicklungsbedingte Ursachen in Form und Aufbau des Kieferbereiches zurückgehen, aber auch bei einem Unfall, einer Zahnbetterkrankungen oder bei Verhaltensweisen wie Daumenlutschen entstehen kann. Auch die Größe der Zahnlücke spielt eine Rolle bei der ästhetischen Bewertung: Fast alle der rund 3500 befragten westafrikanischen Frauen finden eine deutliche Zahnlücke zwischen den beiden Frontzähnen so reizvoll, dass sie auch eine kieferorthopädische Behandlung in Kauf nehmen würden, um ein solches Diastema zu erreichen. Die Zahnlücke werde als ein Zeichen für bevorstehenden Wohlstand und für Glück im Leben erachtet. Solange die Zahnlücke einen symmetrischen Eindruck erzeugt und den „Goldenen Schnitt“ unterstützt, ist sie in Westafrika ein Schönheitsideal.

Querschnittstudie: Parodontitis und Migräne

Insgesamt acht Studien wurden von Wissenschaftlern aus den arabischen Emiraten einer vergleichenden Untersuchung unterzogen mit dem Ziel, nach Zusammenhängen von Parodontitis und chronischer Migräne zu suchen: Das berichtete kürzlich eine große zahnärztliche Zeitschrift. Fast 1200 Patientinnen und Patienten mit Migräne wurden bei den Untersuchungen berücksichtigt. Der Blickpunkt lag vor allem auf Biomarkern im Blut und auf Entzündungszellen. Ergebnis: Ein Zusammenhang ist offenkundig. Bei den Migräne-Patienten fanden sich viele entsprechende Biomarker, das heißt, Zellen, die darauf hinweisen, ob das System gesund oder krank ist. Bei einer kritischen Biomarker-Situation, wie sie bei der Zahnbett-Entzündung Parodontitis vorliegt, zeigte sich ein erhöhtes Risiko, dass eine Migräne chronisch wird und auch, dass ihre Symptome belastender werden können. Gegengeprüft werden soll die Studie nun noch daraufhin, ob antientzündliche Medikamente einen Einfluss auf die Migräne-Auswirkungen haben könnten. Für Migräne-Betroffene macht es nichtsdestotrotz Sinn, ihre Zahnbettgesundheit untersuchen und gegebenenfalls optimieren zu lassen.

1. Milch: Ist jede gut für die Zähne?

Kuhmilch spielt bei der Mundgesundheit eine positive Rolle: Die Inhaltsstoffe wirken schützend auf den Zahnschmelz. Kalzium, Phosphate und die Milchproteine (Kaseine) sind hier vor allem zu nennen. Sogar der Milchzucker, die Lactose, ist weniger zahnschmelzschädigend als andere zuckerartige Kohlenhydrate. Eine neue Studie aus Australien besagt klar: Milch und Milchprodukte wie Joghurt und Käse wirken sich positiv auf die Zahngesundheit aus. Das ist nun keine ganz neue Erkenntnis, aber die Studie beurteilte die Rolle von Milch diesmal im Vergleich zu Milchersatz-Getränken aus pflanzlichen Stoffen, beispielsweise Hafermilch, Mandelmilch, Sojamilch und andere vergleichbare Produkte. Auch unabhängig davon, ob diese Pflanzenmilch-Produkte zusätzlich gesüßt wurden, erwiesen sie sich als weniger zahnfreundlich, genauer: Sie schützten weniger vor Karies. Manchen dieser Pflanzenmilch-Angebote wird inzwischen Kalzium zugesetzt, um wenigstens ein wenig an den knochen- und zahnschützenden Effekt von Kuhmilch heranzukommen. Da Pflanzenmilch-Produkte zudem eine höhere Zucker-Belastung (Glukose, Maltrose, Saccharose u.a.) aufweisen und damit den Speichel zu einer eher säurelastigen Flüssigkeit werden lassen, zudem weniger Gesamtprotein beinhalten als Kuhmilch, bestätigen die australischen Wissenschaftler die eingangs gemachte Kuhmilch-Einschätzung: Während diese zu den mundgesundheitsförderlichen Nahrungsmitteln zählt, erweisen sich die Pflanzenmilch-Alternativen im Vergleich eher als Kariesrisiko.

Zähneknirschen: erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen

Wer mit den Zähnen knirscht oder sie zusammenpresst („Bruxismus“) und damit in der Mund-Kiefer-Region für Verspannungen, Verkrampfungen oder gar Verletzungen sorgt, hat ein deutliches Risiko, sagen belgische Forscher, auch an anderen Muskel-Knochen-Stellen des Körpers Erkrankungen zu erleiden. Sie haben 425 Menschen im Alter zwischen 26 und 54 Jahren untersucht, um zu prüfen, ob und wenn ja, welche anderen muskuloskelettalen Störungen im Körper vorhanden waren. Mitabgefragt wurden entsprechende Schmerzen, die Lebenssituation sowie die Stressbelastung der Studienteilnehmer. Drei Viertel aller Probanden hatten Bruxismus-Probleme und neun von zehn Patienten im zurückliegenden Jahr eine muskuloskelettale Erkrankung (beispielsweise Weichteilrheuma, Rückenschmerzen, Arthrose, Osteoporose). Das Risiko, eine solche Erkrankung – vor allem Schmerzen im Rücken, in der Schulter- und Nackenregion, im Hüft- und Oberschenkelbereich sowie im Knie – zu erleiden, war bei den Studienteilnehmern mit Bruxismus um das Fünffache erhöht. Der Mund, so die Wissenschaftler, stehe halt in enger Verbindung zum gesamten Körper, Belastungen im Bereich des Bewegungsapparates seien nicht an einer Stelle lokalisiert, sondern stünden mit dem muskuloskelettalen System des gesamten Körpers in Verbindung. Man habe allerdings nur nach solchen Verbindungen geschaut – nicht nach kausalen Zusammenhängen: Ob Knirschen also Knie- oder Rückenschmerzen auslöse oder umgekehrt, sei mit der Studie weder gesagt noch ausgeschlossen.

Corona: Auswirkungen auf Implantatverlust?

Im Zuge der Aufbereitung der gesundheitlichen Folgen der Pandemiezeit gibt es einzelne Studien, die den Verdacht nahelegen, dass eine Covid-Erkrankung oder auch eine Corona-Impfung aufgrund der Immunbelastung zu einer Störung der Einheilung oder auch einem frühen Verlust eingesetzter Zahn-Implantate geführt haben könnten. Das wollte eine Gruppe türkischer Wissenschaftler genauer wissen: Sie haben daher eine vergleichsweise große Gruppe von rund 1230 Patientinnen und Patienten (mit insgesamt rund 4850 Implantaten) entsprechend untersucht. Eingeschlossen waren Studienteilnehmende mit gut eingestelltem Diabetes und Blutdruck, ausgeschlossen waren Patienten mit Medikamenten, die den Knochenstoffwechsel beeinflussen. Voraussetzung für die Teilnahme war ein PCR-Test, auch, weil ein positives Testergebnis entsprechend berücksichtigt wurde. Es zeigte sich, dass 3,1 % der gesetzten Implantate verloren gingen, die Gesamtüberlebensrate der Implantate lag insofern bei rund 97 %.
Von Implantatverlust betroffen waren etwas über zehn Prozent der Untersuchten, eine Beziehung zum positiven oder negativen PCR-Test zeigte sich nicht. Die Wissenschaftler hatten die Annahme, dass das Virus den Knochenstoffwechsel und damit das Einheilen des Implantates stören könnte – dies hat sich in dem erwarteten Umfang aber nicht gezeigt. Da die Untersuchung rückwirkend auf der Grundlage von Patientenakten und Berichten aufbaute, sind, so die Wissenschaftler, die Ergebnisse nicht frei von Unsicherheiten, so könnte auch ein PCR-Test falsch-negativ gewesen sein. Weitere Studien scheinen daher sinnvoll, um die Erwartungen der Wissenschaft mit eindeutigeren Daten beantworten zu können.

eScooter: neue Mobilität, neue Verletzungen

Zumindest in Deutschland ist die Nutzung eines eScooters ab dem Alter von 14 Jahren erlaubt, ohne dass ein Schutzhelm getragen werden muss. Sogar eine kleine Portion Alkohol „am Steuer“ ist nicht verboten, die Promille-Grenze liegt bei 0,5. Wie aktuelle Studien zeigen, nehmen die Unfälle mit eScootern zu. Kürzlich hat ein Wissenschaftler-Team an einem Hamburger Klinikum, das rund 270 gestürzte eScooter-Fahrende in einem Zeitraum von anderthalb Jahren ab Juni 2019 ärztlich versorgt hatte, die behandelten Verletzungen zusammengestellt und in einem internationalen Fachjournal veröffentlicht. Fast zwei von drei Gestürzten (Durchschnittsalter: 30 Jahre) waren auf den Kopf oder auf das Gesicht gefallen. Hatten die Nutzer Alkohol konsumiert, hatten mehr als vier von fünf Verletzten Kopfschäden. Über die Hälfte der Verletzten war männlich. 16 der behandelten Personen waren nicht selbst gefahren, sondern wurden als Radfahrende in einem Zusammenstoß verletzt bzw. waren (überwiegend ältere) Personen, die auf einem Fußweg über einen herumliegenden Scooter gestürzt waren. Insbesondere, wenn die eScooter-Nutzer mit einem Gegenstand zusammenstießen, beispielsweise einer Mülltonne oder einem anderen Verkehrsteilnehmer, waren die Sturzfolgen besonders heftig. Im Detail mit Blick auf die Mundgesundheit wurden 30 Kieferfrakturen festgestellt sowie fast 50 Zahnverletzungen, teilweise ausgeschlagene Zähne. Fast jeder zweite Verletzte musste aufgrund seiner Kopf-, Gesichts- oder Mundraumverletzungen von einem Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen behandelt werden. Das Klinikteam forderte entsprechend unter anderem die Einführung einer Helmpflicht.

HPV: Risiko für ältere Männer

Ein Thema, zu dem es derzeit vielfältige Studien gibt, ist die Frage, welchen Zusammenhang es zwischen HPV, den humanen Papillomviren, und Oropharynx (Rachenraum)-Krebserkrankungen geben könnte oder kann. Was das Thema so heikel macht, ist der klassische Übertragungsweg der HP-Viren: Oralsex. Die Ergebnisse der unterschiedlich angelegten Studien schwanken zwischen „kein erhöhtes Risiko durch Oralsex“ und „stark erhöhtes Risiko durch Oralsex“. Zu den Studien mit dem Ergebnis eines erhöhten Risikos gehört eine aktuelle aus verschiedenen US-amerikanischen Städten, über die eine große Zahnärzte-Zeitschrift berichtete. Rund 3200 Männer und Frauen in der Altersgruppe 18 – 60 aus über 40 Zahnarztpraxen wurden auf HPV getestet. Festgestellt wurde, dass Männer häufiger HPV-infiziert waren als Frauen und insbesondere Männer in der Altersgruppe 51 – 60 Jahre. Unter den Hochrisikogruppen waren ebenfalls die Männer signifikant häufiger vertreten. Es zeigte sich, dass das Risiko, sich mit HPV anzustecken, in Verbindung stand mit einer höheren Anzahl männlicher sexueller Kontakte sowie Oralsex-Kontakte mit Frauen. HPV gilt als Risiko für die Entwicklung eines Rachenkrebses bzw. bei Frauen eines Gebärmutterhalskrebses. Die Wissenschaftler vermuten, dass das verstärkte Auftreten in höherem Alter in Verbindung stehen könnte mit einem Verlust der Immunreaktion und einem Wiedererwachen versteckt vorhandener HP-Viren. Aber auch eine höhere Kontakthäufigkeit, bei der HP-Viren übertragen werden, ist nicht ausgeschlossen. Am Rande stellten die Wissenschaftler noch fest, dass die HPV-Infizierten häufig Parodontitis hatten und eine schlechtere Mundhygiene: Bei infiziertem Mundgewebe steigt das Risiko, dass oral aufgenommene Keime und Viren in den Körper einwandern und sich an anderen Stellen festsetzen.

Mundbakterien im Darm: Verbindung zu Atherosklerose

Viele Belege gibt es mittlerweile, die nachweisen, dass der Körper ein „Gesamtkunstwerk“ ist, in dem alle Bereiche miteinander in Verbindung stehen: Kommt es an einer Stelle zu einem biologischen Ungleichgewicht oder Unfall, führt dies an anderer Stelle zu Reaktionen. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn es auch immer wieder neue Belege dafür gibt, dass Bakterien aus dem Mundraum an anderen Stellen im Körper zu unerwünschten Reaktionen wie Entzündungen führen. Ein solcher Zusammenhang zwischen Mundbereich und Allgemeinmedizin findet auch deshalb immer wieder besondere Aufmerksamkeit, weil Zahnmedizin ein vom Medizinstudium unabhängiger eigener Bereich ist und das Denken in Gemeinsamkeiten insofern „Grenzen“ der Studienbereiche überschreitet. Wiewohl die Untrennbarkeit von Mund und Körper längst belegt ist, vertiefen Studien wie eine aktuelle aus Schweden diese Erkenntnislage mit weiteren Belegen. Im Blick hatten diese Wissenschaftler Fettablagerungen (Atherosklerose) an den Herzarterien und die Besiedlung des Darms mit speziellen Keimen. Grundlage der Datenerhebung war eine große Kohortenstudie in Schweden zu Herz- und Lungenerkrankungen. Es zeigte sich, dass diejenigen Studienteilnehmer, die eine besondere, aus dem Mund gewanderte Streptokokken-Art im Darm aufwiesen, eine schlechtere Herzgesundheit zeigten. Der gefundene Zusammenhang wird jetzt weiter analysiert, auch um herauszufinden, ob die oralen Streptokokken Auslöser der Herzgefäß-Belastung sind oder welche andere Rolle sie spielen.

Pandemie: Auswirkungen auf die privatzahnärztliche Versorgung

Zu den vielen Studien und arbeiten, die die Folgen der Pandemie auf Gesundheit und Mundgesundheit aufarbeiten, gehört auch eine des Wissenschaftlichen Institutes der Privaten Krankenversicherung (WIP). Hier befasste sich das Untersuchungsteam mit der Frage, welche Konsequenzen die Pandemie und ihr Management auf die Mundgesundheit der Privat-Versicherten und ihre zahnärztliche Behandlung gehabt hatten. Aus Gründen der Ansteckungsvermeidung haben viele Menschen Arzt- und Zahnarztpraxen gar nicht oder erst bei einer sehr späten Entwicklungsphase ihrer Erkrankung aufgesucht. Dies bestätigte sich hinsichtlich der Mitglieder der Privaten Krankenversicherung (PKV) und ihres Zahnarztbesuchsverhaltens eher nicht: Im Vergleich der beiden Jahre 2019 (vor Corona) und 2020 (mit Corona) mit seinen besonders strengen Isolierungs-Restriktionen sank der Anteil der abgerechneten zahnärztlichen Leistungen lediglich um drei Prozent. Erleichtert wurde die zahnärztliche Versorgung der Patienten in der Pandemie-Zeit auch durch die Übernahme der Kosten seitens der PKV für besondere Hygienemaßnahmen in den Zahnarztpraxen, die zur Sicherheit der Behandlung und Infektionsvermeidung beigetragen haben.

Süßstoffe: aktuelle Forschungslage

Dass Zucker zahnschädigend ist, ist mittlerweile in der Bevölkerung angekommen, auch wenn das nicht gleichzeitig bedeutet, dass auf Zucker verzichtet wird. Einer der Schritte, den privaten Zuckerverbrauch zu reduzieren, ist das Zurückgreifen auf Produkte, die mit Süßstoffen wie beispielsweise Aspartam gesüßt sind. Rund um diesen Süßstoff gibt es aktuell Streit auf oberster Ebene, der Weltgesundheitsorganisation. Während eine Sektion der WHO Aspartam als potenziell krebserregend bezeichnet – ein Vorwurf, der Süßstoffen schon seit vielen Jahren immer wieder entgegengebracht, aber nie belegt worden ist – meldet sich eine andere Sektion der WHO mit Kritik an dieser Vermutung zu Wort. Unterstützt wird diese Kritik auch seitens der FDA, der US-Lebensmittelbehörde. Beide Organisationen sehen für den Verdacht eines Zusammenhanges von Aspartam und Krebs keine ausreichende Evidenz. Zudem hatte selbst die Sektion, die den Verdacht geäußert hatte, auf begrenzte Beweise verwiesen. Aktueller Stand ist nun, dass die WHO und die FDA den Süßstoff Aspartam nicht in einer direkten Verbindung zu einem Krebs-Risiko sehen, zumindest nicht im regelhaften Anwendungsfall. Es gebe insofern keine Sicherheitsbedenken gegen Aspartam. Beauftragt wurde die Wissenschaft, hier weiter zu forschen und für eine bessere und hochwertigere Datenlage zu sorgen als sie aktuell zur Verfügung stehe.