Pubertät: Was macht sie mit der Mundgesundheit?

Dass die Pubertät Körper und Seele junger Menschen beeinflusst und zu einiger Unruhe führt, ist nichts Neues – was aber viele nicht wissen, ist, dass auch die Zahn- und Mundgesundheit involviert ist. Die von deutschen Zahnärztekammern veröffentlichte Patienteninformation „ZahnRat“ berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, was für unterschiedliche Themen eine Rolle spielen. Dazu gehört, dass im Strudel von Stimmungsschwankungen oder Stresslagen die Mundhygiene vergessen werden könnte: Zerstörte Zähne wachsen nicht nach, heißt es, einen Zahnwechsel hin zu bleibenden Zähnen gebe es nur einmal und nach der Pubertät nicht erneut… Beachten müssen die jungen Menschen beispielsweise, dass Softdrinks und Fastfood nicht nur für den Körper, sondern auch für die Zähne sehr schädlich sind – und ohnehin versteckte Zucker sowie Kohlenhydrate in bearbeiteten Lebensmitteln: Kartoffelstärke aus „Pommes“ beispielsweise und Kohlenhydrate aus Weizenmehl werden von Mundbakterien zu Zucker verstoffwechselt und damit zu Säuren, die den Zahnschmelz angreifen. Auch säurehaltige Getränke können zu Erosionen (Auswaschungen von Zahnschmelzbestandteilen) führen. Nicht wenige Pubertierende tragen kieferorthopädische Geräte, die Zahnfehlstellungen korrigieren: Eine sorgfältige Mundpflege ist bei diesen „Spangen“ aller Art eine besondere Herausforderung, da diese Apparaturen auch Nischen für Zahnbeläge bieten. Durch die hormonellen Veränderungen kann es, besagen weitere Quellen, besonders bei nicht ausreichender Mundpflege vermehrt zu Zahnfleischentzündungen und manchmal auch zu Zahnfleischwucherungen kommen.

Chronische Lungenerkrankung: Parodontitis-Keime involviert

Menschen, die unter einer COPD leiden, einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, haben schwer mit Atemnot zu kämpfen, leiden unter intensivem Husten, einer reduzierten Leistungsfähigkeit und starker Müdigkeit. Die meisten von ihnen sind auf ständige Inhalationen angewiesen. Auslöser können sein – neben Tabakkonsum – eine genetische Veranlagung, Schadstoffe in der Luft, auch berufsbedingte Stäube oder auch Atemwegsinfektionen in der Kindheit. Was die Erkrankung noch verschlimmert, kommt einer neuen Studie einer chinesischen Forscher-Gruppe zufolge aus dem Mund: Bakterien, die ursächlich für die Zahnbettinfektion Parodontitis sind. Diese Keime verschlechtern auf dem Weg über Immunzellenbeeinflussung den Verlauf einer COPD. Dass Parodontitis-Keime mit Atemwegserkrankungen in Zusammenhang stehen, ist nicht unbekannt: Sie gelten auch als Risiko für die Entwicklung von Lungenentzündungen. Darüberhinaus haben die chinesischen Wissenschaftler bei ihrer aktuellen Studie entdeckt, dass auch Keime, die für Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) mitverantwortlich sind, die Lunge schädigen können: Wenn sie in das Gewebe eingedrungen sind, können sie die Mikrobiologie der Lunge verändern. Konsequenz der Forscher: Eine erfolgreiche Behandlung einer Parodontitis kann offenbar dazu beitragen, das Voranschreiten einer COPD zu verhindern.

Schmerzempfindliche Zähne: eine Herausforderung

Es gibt Zahnschmerzen, da sind die Ursachen eindeutig, und die Vorgehensweise, wie Schmerzen und Schäden beseitigt werden können, ist zahnmedizinischer Alltag. Beispiel: Karies. Und es gibt Zahnschmerzen, die sind sowohl für die Patienten als auch für das Team in der Zahnarztpraxis eine Herausforderung: Dentinhypersensitivität. Das schwierige Wort bedeutet, dass das Dentin, das „Zahnbein“ unter dem Zahnschmelz, hypersensitiv, also überempfindlich auf Reize reagiert. Wenn ein Getränk oder ein Essen heiß, kalt oder sauer ist beispielsweise, schmerzt es an der Stelle. Was bisher an Behandlungsmaßnahmen geht, ist eine kurzfristige Schmerzbeseitigung – an der Ursache, warum diese Sensitivität auftritt, kann man derzeit noch nicht ansetzen und insofern auch nicht nachhaltig für Abhilfe sorgen. Letztlich müsste man den verloren gegangenen Zahnschmelz wieder herstellen, der das empfindliche Dentin, das mit Zahninnenraum, Zahnnerv und Blutgefäßen verbunden ist, vor Belastungen schützt. Entsprechend arbeiten Wissenschaftler daran, einen solchen dauerhaften Dentinschutz herzustellen. Ein Team der Universität Washington ist dabei zusammen mit Materialforschern einen Schritt weiter und hat ein Produkt geschaffen, dessen Phosphat- und Calciumbestandteile in die Kanälchen des Dentin eindringen und eine Schutzschicht aufbauen, die ähnlich wirkt wie der Zahnschmelz. Derzeit ist das spezielle Peptid (eine Aminosäurenverbindung) noch in der Testphase – wenn diese erfolgreich ist, kann es Mundwasser, Zahnpasta oder Zahngel beigemischt werden.

Im Alter kleiner werden: Was Kieferknochen wissen

In den mittleren Lebensjahren verlieren viele Menschen etwas an Gesamtkörperlänge. Das sieht auf der Messlatte wenig aus, kann aber im Körper unangenehme bis riskante Gründe haben. In der Regel sind Knochen betroffen: Sie verlieren an Dichte und können wie bei Osteoporose porös werden und ihre Form verlieren. Knochen können aus verschiedenen Gründen deformieren, Form und Lage verändern, beispielsweise, weil sich schützender Knorpel zurückbildet. Auch die Füße können zum Längenverlust führen: Man wird kleiner, weil sich der knöcherne Bereich absenkt – mit Folgen für das ganze skelettale System. All diese Entwicklungen können lästige oder chronisch-schmerzliche, in besonderen Situationen auch lebensgefährliche Folgen haben.
Schwedische Wissenschaftler wollten nun genauer wissen, ob man – im Studienfall bei Frauen – solche Veränderungen schon früh am Kieferknochen ablesen kann: Wüsste man im Vorfeld, was kommt, könnte man vielleicht ärztlicherseits vorbeugend etwas tun.
Die Studie an über 900 Frauen ergab dafür gute Chancen: Es zeigte sich tatsächlich im Kieferbereich, dessen Knochen ähnlich aufgebaut ist wie die Wirbelknochen, ein Zusammenhang mit späterem Größenverlust aufgrund knöcherner Ursachen und strukturellen Veränderungen. Eine enge Zusammenarbeit von Zahnärzten und Ärzten könnte dazu beitragen, den sich im Laufe der Jahre entwickelnden Knochenschäden mit entsprechenden Maßnahmen frühzeitig entgegenzuarbeiten.

Die richtigen Borsten: weich und verschieden lang

Wenn es um Zahnbürsten, in diesem Fall um Handzahnbürsten geht, gibt es immer mal wieder aktuelle Studien zu Detailaspekten, die die Frage „welche Bürste ist am besten“ mit neuen Erkenntnissen beantworten. In diesem Fall war es eine britische Wissenschaftlergruppe, die sich den Borstenkopf als Studienobjekt vornahm und prüfte, welche Gestaltung am besten abschneidet. Schon länger sind Bürstenköpfe, in denen die Borsten alle gleich lang sind, überholt von Varianten mit vielfältigen Büscheln aller Art – und in der Tat: „unterschiedlich lang“ gewann in der Borsten-Studie der britischen Forscher. Auch Zahnbürsten mit eher kompaktem Kopf (also klein und dicht beborstet) führen die Liste der erfolgreichen Zahnreinigungshilfen an, und – das wird viele Patienten verwundern – auch die weichen Borsten waren effektiver als die harten. Was eine gute Zahnbürste ausmacht: Sie muss nicht nur bei idealen Voraussetzungen möglichst viel Plaque entfernen, wenn also mindestens zweimal täglich geputzt wird, mit ausreichend Zeit und in zahnmedizinisch bester Technik, sondern auch dann einen guten Dienst tun, wenn Anwender diese drei Grundregeln nicht vollumfänglich beachten. Die bei der Studie favorisierten Zahnbürsten bieten auch mittelmäßigen Zahnputzenden noch gute Chancen. Grund: Lange, dünne, weiche und unterschiedlich lange Borsten sind biegsamer und reichen auch ein wenig hinein in die Zahnzwischenräume. Für die Fans von Handzahnbürsten heißt das: Es besteht noch weiterer Verbesserungsbedarf beim Produkt – und auch in der Anwendung. Aber wenn schon Handzahnbürste: Dann unterstützt die Studie bei der bestehenden Auswahl im Ladenregal.

Pest: Folgen für heutige Mundgesundheit

Könnte es sein, dass die Pest, die im 14. Jahrhundert in Europa grassierte, zu einer Veränderung des Mikrobioms im Mund geführt hat, also zur Veränderung der Zusammensetzung der vielzähligen Keimfamilien, die Mundschleimhaut, Zähne und Zunge „bevölkern“ und für eine geordnete Funktion sorgen? Diese Frage stellte sich eine Gruppe amerikanischer und australischer Wissenschaftler – und nutzte dafür Zahnbelag-Proben mittelalterlicher Menschen, die in Großbritannien archiviert sind. Die Antwort entsprach der Erwartung: In der Tat ließ sich nach dem Ende der Pandemie eine Veränderung des Mikrobioms feststellen. Es war weniger vielfältig zusammengesetzt als vor der Pest-Zeit. Die Verringerung der Anzahl der Keimfamilien ist vermutlich zurückzuführen auf neues Ernährungs- und Hygieneverhalten. Dieses „neue“ Mikrobiom ähnelt sehr demjenigen, das auch heute noch typisch für unser Ökosystem im Mund ist. Die neuzeitliche Keimfamilien-Struktur hat den Nachteil, dass sie chronische Krankheiten beispielsweise im Herz-Kreislauf-Bereich, im Stoffwechsel-System (Stichwort Fettleibigkeit) und im Bereich der Psyche begünstigt. Für die Wissenschaftler ein Ergebnis, dem sie weitere Aufgaben entnehmen: Wenn beispielsweise eine Ernährungsumstellung so viel Einfluss auf das gesundheitsrelevante Mikrobiom im Mund hat, wäre es vielleicht auch möglich, durch gezielte Veränderung der Keim-Familien der Entstehung solcher chronischen Erkrankungen entgegenzuwirken beziehungsweise ihre Behandlung zu verbessern.

Intensivstationen: Zähneputzen hilft

Patienten auf einer Intensivstation sind besonders empfindlich, was ihr Risiko für die Entwicklung von Infektionen betrifft. Keime, die in Krankenhäusern vielfältig vorkommen, können zu sogenannten nosokomialen Infektionen führen: Im Jahr 2020, so meldete das Robert-Koch-Institut, wurden fast 30.000 solcher Infektionen an das Register gemeldet. Nicht wenige solcher im Krankenhaus erworbenen Infekte betreffen die Atemwege. Insbesondere Lungenentzündungen können zu einem erheblichen Risiko werden. Eine Wissenschaftler-Gruppe der Medizinischen Abteilung der Harvard Universität (USA) hat sich nun Daten von fast 2800 Patienten angeschaut hinsichtlich der Frage, ob regelmäßiges Zähneputzen bei den Intensivpatienten die Anzahl an Lungenentzündungen reduzieren kann. Dahinter steht das Wissen, dass Keime aus der Mundhöhle riskante Pneumonien verursachen können. Die Keime werden eingeatmet und haben einen direkten Weg in Bronchien und in Lunge – für geschwächte Personen eine enorme Belastung. In der aktuellen Studie der US-Wissenschaftler hat sich gezeigt, dass sorgfältige Mundhygiene die Anzahl belastender und riskanter Lungenentzündungen deutlich reduzieren konnte. Die Dauer des Aufenthaltes auf der Intensivstation reduzierte sich ebenso wie die Behandlungsdauer bei Beatmungspatienten. Eine Erkenntnis, die auch für gesunde Menschen wertvoll ist: Insbesondere im Falle einer Atemwegserkrankung ist intensive Mundhygiene als unterstützende Maßnahme wichtig.

Rauchen: Einfluss auf das Mikrobiom

Der Mund ist von Natur aus ein Ökosystem: Milliarden Bakterien in unterschiedlichen Familien (Mikrobiom) tragen dazu bei, dass der Soll-Zustand gehalten wird und die Mundfunktionen reibungslos funktionieren. Die Bakterienfamilien halten sich bei gesunden Voraussetzungen gegenseitig in Schach, so dass das Miteinander austariert ist. Kommt aber ungesundes Nutzungsverhalten wie Rauchen dazu, führt das zu Veränderungen in der Bakterienstruktur. Genau diese Entwicklungen hat kürzlich ein Forscherteam an der Universität in Michigan (USA) untersucht. Vergleichsstudien haben gezeigt, dass Raucher und Menschen, die nie geraucht haben, über ein anderes Mikrobiom verfügen. Insbesondere die Anzahl an aeroben Bakteriengruppen, die Sauerstoff für ihren Stoffwechsel benötigen, nahm bei den Rauchern deutlich ab. Es zeigte sich aber auch, dass deren Vorhandensein mit der Zeit nach einem Rauchstopp kontinuierlich wieder zunimmt. Nach fünf Jahren gleicht sich das Mikrobiom von Nicht-Rauchern und Ex-Rauchern wieder weitgehend an. Die Auswirkung von Rauchen auf das Mund-Ökosystem wirft für die zahnmedizinische Forschung neue Fragestellungen auf, beispielsweise, ob hier ein Grund für das erhöhte Risiko bei Rauchern für Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt: Möglicherweise spielen die aeroben Bakterien, die auf Umwegen den Blutdruck regulieren, eine größere Rolle als bisher gedacht. Dies durch weitere Studien intensiver beobachtet.

Wikinger und Mundgesundheit: fortschrittlicher als gedacht

Forscher der Universität Göteborg (Schweden) widmeten sich in einer Studie der Zahnheilkunde der Wikinger – und waren vom Ergebnis überrascht: Ihre Vorfahren in der Zeit vor dem 12. Jahrhundert waren deutlich besser in der Mundgesundheit als erwartet. Neue Erkenntnisse lieferten dabei die heute erweiterten Möglichkeiten moderner Röntgentechnik. Im Ergebnis zeigte sich, dass bei den Wikingern alle Kinder und Jugendlichen kariesfrei waren und auch rund 38 % der Erwachsenen. Bei den anderen rund 62 % der Älteren war die Anzahl karieserkrankter Zähne auch eher niedrig: Im Schnitt waren rund viereinhalb Zähne kariös, behandelt oder ausgefallen. Zahnverlust war das größte Mundgesundheits-Problem der Wikinger: Bis auf die Weisheitszähne gingen auf dem Lebensweg rund sechs Prozent aller Zähne verloren – im Vergleich zu heute ein sehr geringer Wert. Allerdings wurden die Wikinger auch nicht wirklich alt: Die zur Studie genutzten Überreste zeigten, dass die erwachsenen Personen im Alter zwischen 14 und 50 Jahren verstorben waren, im Schnitt mit 35 Jahren. Die untersuchten Kinder starben im Alter zwischen einem und zwölf Lebensjahren. Die Mundgesundheit wurde bei den Wikingern offenbar gut beobachtet: Es gibt Anzeichen, dass beispielsweise Zahnstocher genutzt wurden, um infizierte Zahnfleischränder/-taschen zu säubern, Vorderzähne wurden beschliffen und Infektionen behandelt. Beispielsweise entdeckten die schwedischen Forscher einen Molaren (Backenzahn), in den bis in die Zahnwurzel hinein Löcher gefeilt worden waren – vermutlich eine „Wurzelbehandlung“ der Frühzeit, um die starken Schmerzen einer Zahnwurzelentzündung zu reduzieren. Es wurde also mit viel Verständnis für Zusammenhänge behandelt.

Notfall: Zahnarztpraxen sind vorbereitet

Wie an jedem anderen Ort kann es auch in einer Zahnarztpraxis zu einem allgemeinmedizinischen Notfall kommen – von einer allergischen Schockreaktion bis hin zu einem Herzinfarkt. Das Team in der Zahnarztpraxis ist dabei in der Regel bestens geschult für eine solche Situation, die – das zeigt eine aktuelle britische Studie – durchschnittlich pro Zahnmedizin-Praxis nur einmal alle ein bis zwei Jahre auftritt.
Weit überwiegend hat das Praxisteam dabei Erste Hilfe zu leisten für Patienten mit Angina pectoris, einer möglichen Vorstufe eines Herzinfarktes. Aber auch auf alle weiteren möglichen Notfälle sind die Zahnarztpraxen vorbereitet: Den Daten der genannten Studie zufolge nehmen rund 90 % aller Praxen an einer jährlichen Notfall-Schulung teil. In Deutschland bieten alle Zahnärztekammern und viele weitere Fachanbieter Fortbildung in Notfallmanagement. Die Kurse sind immer gut belegt, weil – das bestätigt auch die britische Studie – sich die Zahnärztinnen und Zahnärzte mit ihrem Praxisteam gut damit fühlen, für alle unplanmäßigen medizinischen Herausforderungen gewappnet zu sein. Das ist auch ein gutes Signal an die Patienten, von denen nicht wenige mit Vorerkrankungen oder allgemeingesundheitlichen Risiko-Faktoren belastet sind. Von Wiederbelebung über Herzdruckmassagen bis hin zum medikamentösem Notfalleinsatz sind Zahnarztpraxen gut geschult.